1. Inputvortrag vom 20.01.2021:
Das Citizen Science-Projekt WiQQi
Im dritten virtuellen Austauschtreffen am 20.01.21 hat der Pflegewissenschaftler Josef Huber sein Promotionsprojekt WiQQi vorgestellt, das Recherchen für Wohn- und Technikberatende deutlich verkürzen kann.
Im Interview erläutert Josef Huber Ziele, Zweck und Wege, sich in die Entwicklung einzubringen.
Josef Huber: WiQQi ist ein Citizen Science-Projekt in der Pflege. Es geht darum, Wissen zu teilen. Das zentrale Instrument von WiQQi ist die WiQQi-Datenbank.
Wie sind Sie auf die Idee für diese Plattform gestoßen?
Josef Huber: WiQQi ist 2015 aus der Beratungspraxis heraus entstanden. Für einen Pflegedienstleister sollte eine «Herdabschaltung» gefunden werden. Ich habe nach etwa 40 Stunden fünf mögliche Herdabschaltungen recherchiert und dazu Produkthandbücher angefragt, die nur in wenigen Fällen verfügbar waren. Entscheidungsleitend waren für mich die Fragen, die sich aus der Auffächerung der Produkte ergeben haben. In der weiteren Arbeit wurde deutlich, dass bei regionalen, befreundeten Trägern die gleiche Arbeit geleistet wurde.
Daraus entstand die Frage: Wo würden wir stehen, wenn wir unser Wissen geteilt hätten?
Was kann WiQQi für Wohn- und Technikberatende leisten?
Josef Huber: WiQQi kann für die Wohnraumberatung ein Puffer sein, der die schwierige Aufgabe der «allparteilichen» Beratung ermöglicht.
Warum ist es wichtig, allparteilich zu beraten?
Josef Huber: Unser Anspruch in der Beratung liegt darin, eine reflektierte Entscheidung zu treffen. Das bedeutet für uns, zu fragen, ob der Rauchmelder mit Fernbedienung z.B. blinken darf oder nicht, oder ob die Herdabschaltung einen Rauchsensor benötigt oder nicht. Diese Kriterien entwickeln wir gemeinsam im Netzwerk – aus den Erfahrungen der Praxis heraus. Kriterien helfen, eine begründete Entscheidung zu treffen – und auch, die Entscheidung bzw. die Lösung zu evaluieren.
Wie stellen Sie das Wissen aus der Datenbank bereit?
Josef Huber: In einer Tabelle aus «Lösungen» und «Kriterien» werden mögliche Lösungen aufgelistet. Diese Liste kann beliebig erweitert und ständig aktualisiert werden – künftig auch durch die Hersteller selbst.
Wo liegen die Grenzen der Datenbank?
Josef Huber: Das Ziel der WiQQi-Datenbank ist es, mögliche Lösungen rascher zu finden und Lösungen über Kriterien zu filtern. Die WiQQi-Datenbank kann und will aber keine Entscheidung treffen. Die Entscheidung muss zwischen Beratenden und Betroffenen gemeinsam und/oder informiert getroffen werden.
Wie können die Menschen aus der Wohn- und Technikberatung die Entwicklung von WiQQi unterstützen?
Josef Huber: Ein hilfreicher Beitrag ist Feedback: Was ist auf WiQQi «gut» und sollte beibehalten werden? Was ist «schlecht» und wie kann/soll es verändert und verbessert werden?
WiQQi lädt außerdem ein zur Mitentwicklung, zum Beispiel per Interview: Wie läuft die Beratung derzeit ab? Was soll beibehalten werden? Was soll verbessert werden?
Ein gemeinsames Projekt kann aber auch sein, eine Beratungssituation gemeinsam zu lösen. Wir recherchieren gemeinsam und entwickeln gemeinsam Kriterien: Beispielfälle. Hier eignen sich allerdings nur Fälle «ohne Eile».
Wenn die Zusammenarbeit im Kleinen für alle beteiligten gut war, lässt sich das Engagement beliebig ausbauen.
Co-Entwickler*innen
Haupt- und ehrenamtlich Beratende
Professionell Pflegende
Angehörige und Betroffene
2. Im Technik-Pitch ging es diesmal um diese Themen:
- BAGSO hat an 16 Standorten KI-Projekt gestartet und jeden Standort mit 5000 Euro für KI-Technik unterstützt (weitere Infos hier)
- Einblick in das IKEA-Sortiment smarter Stecker und Schalter (weitere Infos hier)
3. Ein Fall für die kollegiale Beratung:
Diese Gelegenheit nutzte eine Beraterin, um einen Fall aus der Praxis gemeinsam mit den Teilnehmer*innen zu besprechen: Konkret interessierte sie, welche technischen Lösungen in Frage kommen, um eine sehr kleine Klientin, die zarte Handgelenke hat, zu orten. Entsprechend passende Uhren sähen zu kindlich aus. Sie suchte nach einer seriös aussehenden Alternative. In der Debatte wurde die Beraterin auf ein Pflege-Pflaster aufmerksam gemacht, das ihr so noch nicht bekannt war. Infos zum Produkt der Marke Moio gibt zum Download hier. Da das Pflaster direkt auf der Haut getragen wird, müsse hier jedoch das Dekubitusrisiko (Druckgeschwür) bedacht werden, wandte ein Diskutant ein.
4. Zu den Ergebnissen der Online-Befragung:
Das Projektteam von VTTNetz erhebt nach jedem Austausch ein Stimmungsbild, Ideen und Wünsche der Beteiligten.
Hier geht es zum Download der Präsentation mit den Ergebnissen der Online-Befragung zum dritten virtuellen Austauschtreffen.
Nach dem zweiten virtuellen Austauschtreffen am 6. Oktober 2020 (Referent*innen Volker Kiesel und Anita Busch) konnten die Teilnehmer*innen ihre Meinung in einer Online-Befragung kundtun. Miteingeflossen in den Evaluationsbericht ist aber auch die Kritik des Gründungssprecherrates der Fach-AG Technikberatung.
Hier könnt Ihr den kompletten Evaluationsbericht herunterladen: Evaluationsbericht zum zweiten AustauschtreffenZum Hintergrund: Die virtuellen Austauschtreffen werden vierteljährlich von der Fach-AG Technikberatung in der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungsanpassung e.V. und dem Projekt VTTNetz veranstaltet. Sie sollen die Vernetzung der Beratenden untereinander stärken und damit einen Beitrag zur Qualitätssicherung der Beratung leisten.
Wollen auch Sie an einem Treffen teilnehmen? Möchten Sie Näheres zur Zusammenarbeit mit anderen Beratungsstellen erfahren? Dann senden Sie uns sehr gerne Ihre Emailadresse über das Kontaktformular zu. Wir freuen uns über interessierte haupt- und ehrenamtlich Beratende, die unserem Netzwerk beitreten möchten.